Kerbespruch 1961

 

In jedem Jahr zur Kerbezeit
hält man den Kerbespruch bereit –

Da dieses schon seit langem Brauch
und außerdem sehr nützlich auch
um manchen Leuten, was zu sagen
wonach sie gar nicht gerne fragen.

Um Bärstadt etwas zu glossieren
zu loben und zu kritisieren,

kurzum den Jungen und den Alten
einmal den Spiegel vorzuhalten
und trotzdem ehrlich zu gesteh’n
oh Bärstadt, nein, was bist du schön! – V i v a t!

 

Da alles Gute kommt von oben
möcht’ ich zunächst hier einmal loben
den Bürgermeister dessen Wort
Vertrauen schenkt in unser’m Ort.

Herr Pfarrer der zu frohen Stunden
sich heute bei uns eingefunden.

Auch den Herr Lehrer, der mit Freude
sich um die Kerb bemüht hat heute.

Und unser Förster der im Wald
mit Auspuffgasen um sich knallt.

Fährt er mit Wagen ins Revier
dann zittern selbst die Wildsäu hier
und werden niemals mehr geseh’n

oh Bärstadt, nein, was bist du schön! – V i v a t!

 

Da wo man singt, da laß dich nieder

Die Bösen haben keine Lieder.

Seit 75 Jahren schon
singt man in Bärstadt manchen Ton.

Drum trat auch der „gemischte Chor“
zum Jubiläum groß hervor.
Denn man errichtete ein Zelt
anschließend wurde Bier bestellt.

Es wurden Lieder einstudiert
ganz Bärstadt ist dann hinmarschiert
man sang und tanzte manche Nacht
doch öfters hat es auch gekracht
und blaue Augen war’n zu seh’n
oh Bärstadt, nein, was bist du schön! – V i v a t!

 

So mancher Acker dicht am Wald
dort wo der Wind pfeift hart und kalt
wo wenig wuchs, trotz gutem Düngen
der sollte Bärstadt D Mark bringen.

Denn wo die Hasen früher hausten
und Mäuse durch die Felder brausten
wo Maulwürfe mit Freude wühlten
wo junge Spatzen – Hasch mich – spielten.

Wo Amsel – Drossel sang ihr Lied,

da wurde Wochenendgebiet!!!


Zum Ausgleich für die müden Städter
die fröhlich nun bei jedem Wetter
des Abends dort im Dunkeln sitzen
und ohne Wasser furchtbar schwitzen
wo wilde Jäger schießen Löcher,

des Sonntag’s rein in unsre Dächer,

dafür kann man aber den Feldberg seh’n

oh Bärstadt, nein, was bist du schön! – V i v a t!

 

Der Samstag ist ein schöner Tag
wo ohne Hast und Plag
der Bürger einmal frohgemut
aus vollem Herzen – gar nichts tut
das gilt auch hier, glaubt mir’s auf’s Wort
in Bärstadt diesem schönen Ort.

Doch statt die Freiheit zu genießen,

im eig’nen Garten Blumen gießen.

Statt durch die Wälder zu spazieren
oder im Ort zu prominieren
statt sich mal richtig auszuruh’n
und Samstag einmal nichts zu tun
gibt es auch hier sehr viele Leute
die kann man Sonnabends mit Freude
beim Schwarzarbeiten öfters seh’n

oh Bärstadt, nein, was bist du schön! – V i v a t!

 

Bärstadt verändert sein Gesicht,

auf allen Straßen gibt es Licht

denn die Beleuchtung ungeniert
wird hier im Ort modernisiert
damit wenn Bärstadt  Kurort wird,

sich nie ein Kurgast mal verirrt
wenn er vom Alkohol gestrandet
und dann vielleicht in Wambach landet
der Alkohol, der hier verprostet
hat manchen Lichtmast schon gekostet.

Und viele Telegrafenstangen
sind durch ein Auto eingegangen.

Denn was in Texas ist der Jäck
ist hier der Telegrafenschreck.

Nie lässt er einem Mast auch steh’n

oh Bärstadt, nein, was bist du schön! – V i v a t!

 

Der kluge Mann, hat der Humor
baut sich ein Haus – und plant nicht vor.
So wurde hier ein Haus erstellt,

doch leider schief – was nie gefällt.
Und um die Bauzeit abzukürzen
versuchte prompt es einzustürzen
jedoch der Schaden wurd’ behoben
und dieses kann ich gar nicht loben.

Denn jeder weiß, ob Hans ob Lisa
es gibt den schiefen Turm von Pisa
und dieser Turm, obwohl er krumm
setzt jährlich viel Touristen um.

Die Fremden kommen scharrenweise
und zahlen gern die höchsten Preise.

HättBärstadt noch das schiefe Haus
das zahlte sich bestimmt auch aus
die Fremden kämen es zu seh’n

oh Bärstadt, nein, was bist du schön! – V i v a t!

 

In Bärstadt wird die wilde Jagd
jetzt neuerdings, en gros verpacht’
und da das Jagen sehr verpflichtet
wird mancher Schlagbaum hier errichtet.

Der Schlagbaum – der hat einen Zweck,

er hält den Mensch vom Tiere weg.
Das ihn auch ohne Schlagbaum wittert,

drum ist manch’ Bärstädter verbittert.

Wenn er am Sonntag geht spazieren
und kann den Weg nicht mehr passieren
und er dann was von Tollwut liest
was ihm noch außerdem verdrießt
so hört man ihn mit Unbehagen
sich selbst und auch die Ander’n fragen
was soll denn so ein Schlagbaum nützen,

die Tiere schlüpfen durch die Ritzen
die Autos fahren hintenrum
und ich – mach ich mich etwas krumm
kann unten drunter auch durchgeh’n.

oh Bärstadt, nein, was bist du schön! – V i v a t!

 

In Bärstadt hier zur Kerbezeit
da ist es Brauch, dass manche Maid
als Kerbemädchen ist dabei
doch dieses Jahr gab’s ein Geschrei
denn alle netten jungen Damen
die Neunzehnhundertsechzig kamen
die sagten einundsechzig nein
wir sind zu stolz für den Verein.

Jetzt fragt man sich, was ist der Grund
ich kam zu folgendem Befund:
Die Mädchen, das muß man verzeih’n
die sind nicht bös – oh nein – oh nein -
Nur weiß in Bärstadt jedes Kind,

dass sie Jahr jetzt älter sind.

Sie haben Angst – das konnt’ man seh’n

oh Bärstadt, nein, was bist du schön! – V i v a t!

 

Der Kerbespruch geht nun zu Ende
zu sprechen gebe es noch Bände
doch jedermann weiß in der Kürze
da liegt bekanntlich stets die Würze.

Ich wollte manches hier glossieren
doch nicht verletzend kritisieren.


Nein – nur Euch eine Freude machen
was gibt es schöneres als Lachen
und einen guten Tropfen trinken
und einem schönen Mädchen winken

die Kerbeburschen im Verein
die laden Euch dazu nun ein.

Drum feiert mit uns frohe Stunden
die Ihr Euch heute eingefunden
in Bärstadt unser’m Heimatort
für den zum Schluß hier noch ein Wort.

Ein Wort des Dankes wär zu sagen
an diesen frohen Kerbetagen.

Und damit nun Auf – Wiederseh’n

oh Bärstadt, du bist wirklich schön! – V i v a t!